Jetzt sitzen sie alle so hold beisammen. Nicht nur des Abends. Die Familien. Die bösen Smartphones werden bewusst und mit dem Gefühl pädagogischer Richtigkeit beiseite und die Kinder ins Bett gelegt. Jenen werden analoge Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen. Und so manches Elternteil mag sich denken, wie verlogen das Heile-Welt-Pink doch ist. (In Wahrheit hat sich in der Kinder- und Jugendliteratur in den letzten Jahren viel verändert. Alle Themen unserer Welt kommen vor. Alle. Gut.) Uns wurde damals nichts geschenkt. Und in Tom Sawyer wird auch kräftig gestorben – und auf lustigste Weise erst einmal so getan als ob. Schatz, die Kinder sind tot. Ach nee. Lol.

Meine Mutter hat aus dem Struwwelpeter die grausamsten Szenen herausgeschnitten. Tatsächlich mit der Schere! Censored by Mama. Reader’s Digest Scheiße. Schade. Die blutigsten Bilder waren doch immer die spannendsten. Seen voller zerstückelter Körper, Satan. Ich wollte all das. Bittersüße Kindheit. Der eiserne Geschmack von Blut im Mund. Das existenzielle Wackeln der Milchzähne. Splatterfilme: oral.

Clemens Brentano und Achim von Arnim veröffentlichten unter dem Titel Des Knaben Wunderhorn zwischen 1805 und 1808 gut 700 gesammelte Volkslieder; eine Zusammenstellung von Texten, »vom Mittelalter bis in die Gegenwart«; und zwar: die Gegenwart der beiden damaligen Herausgeber. Quasi zeitgleich, nämlich 1806, beendeten die Gebrüder Grimm ihr Studium und begannen, Märchenerzählungen zu sammeln – teilweise sogar in Kollaboration mit Brentano und von Arnim. Des Knaben Wunderhorn und Grimms Sammlung sind also nicht nur zur gleichen Zeit entstanden, sondern eng verwandt. Und hier wie dort sind längst nicht alle Inhalte für Kinderseelen geeignet.

Zwischen 1887 und 1898 vertonte Gustav Mahler 24 – von ihm selbst meist intensiv bearbeitete – Texte aus Des Knaben Wunderhorn. Alle Lieder liegen in der Besetzung Stimme plus Klavier, die Hälfte davon zusätzlich für Stimme und Orchester vor. Mahler nimmt sich der Themen Liebe, Tod, Natur und anderer volkstümlicher Sujets mal ernst, ja: maximal tiefgründig, mal halb kindlich-naiv und halb romantisch-ironisch gewürzt an. Immer wieder fühlt man sich tatsächlich in die Welt Grimms versetzt. So geht es in Wer hat dies Liedlein erdacht? um die leiblichen Vorzüge einer Wirtstochter, deren Attribute offenbar so reizvoll erscheinen, dass diese – laut Rede des verliebten Protagonisten – sich gar anschicken, Kranke zu heilen und Tote lebendig zu machen. Und in Lob des hohen Verstandes streiten sich Kuckuck und Nachtigall, die ausgerechnet einen Esel als Richter wählen, um herauszubekommen, wer denn besser sänge…

Mit ernstem Gewicht aber dennoch teils irritierender Doppelbödigkeit warten von Mahler vertonte Wunderhorn-Stücke wie das nebelig-fieberwahnsinnige Pseudo-Liebeslied vo(r)m Tode Wo die schönen Trompeten blasen auf. In seinen »Wunderhorn-Symphonien« – gemeint sind die Symphonien No. 1 bis No. 4 – räumt Mahler mindestens jeweils einem seiner Wunderhorn-Lieder einen zentralen Platz ein: in seiner Ersten noch als rein instrumentales Zitat; in den drei drauffolgenden Symphonien schließlich mit dem Fokus mindestens einer Solo-Gesangsstimme.

Die Mahlerschen WunderhornLieder sind also mit dessen ersten vier Symphonien tief verbunden, bestimmen die eigenartige Stimmung einiger Sätze, versuchen, symphonische Brückenschläge zwischen volkstümlicher Naturerfahrung und reflektiert-aufgeklärter Kunstebene – und erzählen dabei von Liebelei, Fabelereignissen, bis hin zur Todes- und Trauererfahrung.

Bei einigen Wunderhorn-Liedern beließ Mahler es bei der Besetzung Gesang und Klavier. Ein paar Stücke wurden zu Orchesterliedern. So auch die besagte Revelge, das brutalste und ekelhafteste aller Mahler-Lieder. Dieses fand zwar nicht direkt Eingang in eine der Symphonien, seine Krassheit allerdings bedarf eines kurzen, näheren Hinhörens. Beginnen wir mit der Ursprungsversion mit Gesang und Klavier. Mahler war ein grandioser Kapellmeisterbeherrscher aller orchestraler Tricks. Mahler als Komponist für das Klavier dagegen: ziemlich unbefragt.

Der Klaviersatz Mahlers ist in seiner Revelge erstaunlich stockelig. Das liegt einfach nicht gut, Manches ist sogar fast unklar notiert oder nicht »logisch«: Gesangsstimme verdoppeln? Wann? Warum? Triller? Wie jetzt? Akkordungemütlichkeiten. Trotzdem natürlich ein fantastisches Lied. Es ist pervers.

Hier realisiert sich die Pervertierung »schmissiger« Auftaktigkeit. Und damit beginnt es. Tiefe Triller rollen grollig an. Ein d-Moll-Akkord wird im Pianissimo »geschmettert«. Hier entsteht die Militärmusik-Karikatur, die Kritik am Marschieren, ohne die Schostakowitsch und Konsorten niemals möglich gewesen wären.

Die »zackigen« d-Moll-Akkord-Schmetterungen: Das ist kein Marsch mehr. Das war mal einer! Märsche stehen in Dur, dazu da, ohne Sinn, Herz und Verstand zu einem »Weiter so!« angesichts kriegerischen Schreckens zu motivieren. Da darf kein Moll sein! Kein Blick in den versiegenden Blick des verwunderten Feindes! Kopfschuss! Ende! Wegschauen!

Viele Variationen von »Auftaktigkeit« finden sich in Mahlers negativem Knochen- und Gedärme-Marsch. Schon die sängerlose Einleitung bringt ein paar davon hervor. Dazu gibt es Auftakte im Kleinen: 32stel-Schleifer – hin zum nächsten Akkord. Immer und immerfort: »Des Morgens zwischen drei’n und vieren, da müssen wir Soldaten marschieren, das Gässlein auf und ab!« Dieser erste d-Moll-Teil endet mit einer Terror-Überleitung – hin zu einem völlig falschen B-Dur. Mahler  verübt auf der vierten Zählzeit einen Fortissimo-Anschlag. Zum hunderttausendsten Mal: ein Auftakt! Dann suppen geflippte Terzen nach unten und bilden das Spalier für das »Ach Bruder!« in B-Dur. Eine große »Sehnsuchtssexte« nach oben: Ja, ja, der »Bruder«… Er kann dich nicht tragen! Capiche?

Thomas Hampson und Geoffrey Parsons (1993)

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Genial, wie Pianist Geoffrey Parsons in der 1993er Aufnahme mit Thomas Hampson am Bariton sich der strukturellen Wichtigkeit der Auftakte bewusst ist. Er nimmt den allerersten Triller-Auftakt ein wenig länger. Ein kurzes Nachdenken über das, was wissentlich folgt. Und zugleich eine Mini-Penetration des wichtigsten Liedtools der Revelge: Triller-Militärtrommelrühr-Auftakte. Schön resignierend fallen bei Parsons aufgebaute Akkordtürmchen der soldatischen Selbstbehauptung wieder in sich zusammen. Klasse. Und da kommt Hampson ins Spiel. Und zischt. Und züngelt. Und tut so, als sei alles noch in Ordnung. Genauso muss das! Die männliche Attitüde so lange aufrechterhalten, wie es geht.

Dietrich Fischer-Dieskau, London Symphony Orchestra, George Szell (1968)

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Mit einem heimlichen Crescendo, das Mahler in der Partitur nicht notiert, beginnt das London Symphony Orchestra unter der Leitung von George Szell (1968) den nervigen Trommelreigen dieses furchterregenden Meisterwerks. Das nimmt etwas den Schrecken, da auch die ersten Akkorde fast brav musiziert werden. Dafür scheppern die Ketten der Militärtrommel tödlich fies in unseren Ohren. Toll herausgearbeitet! Da kommt auch schon Dietrich Fischer-Dieskau ins Spiel – und weiß, wie immer, was er macht, lässt die Stimme absichtlich etwas wackeln. Verrät er schon zu viel? Hampsons Frack-und-Smoking-Pseudohaltung gefällt mir besser! Fischer-Dieskau schleift die Stimme zu früh über den blutigen Boden des Kriegsschauplatzes. Der geile Überleitungsauftakt des Orchesters wuppt uns dafür so herrlich in den rückenschonenden Sessel bildungsbürgerlichen Hörens, dass alles wieder schlecht ist. Entschuldigung: gut.

Ian Bostridge, Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai, Daniel Smith (2015)

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Oh mein Gott, die Trompeten zu Beginn der Aufnahme mit Ian Bostridge und dem Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai unter Daniel Smith (2015) sind erstens nicht nur nicht zusammen, sondern auch viel zu laut! Das wird einfach so wegmusiziert. Beamten musizieren. Und Bostridges Übertreiben, das ich bei vielen Liedern liebe, geht hier ziemlich ins Leere. Spoiler Alert! Bostridge nimmt alles vorweg. Hier ist alles zu Beginn eine Farce. Die Wunde schon verschorft. Doch ich will noch das tropfende Blut sehen! Das geht nicht. Das müssen wir zur Seite legen.

Walter Berry und Leonard Bernstein (1969)

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Wie vom Blatt musiziert feiert Leonard Bernstein – lasst uns den Pianisten Bernstein wiederentdecken! – fröhliche Extremurständ im Vorspiel. Das harkt, das hackt, das zackt. Und ist so unfassbar charakteristisch. Man freut sich auf jeden neuen Takt! Wankelmütig beginnt der große Wagner-Sänger Walter Berry seine ersten Takte. Da darf geschmiert werden – und da ist noch echtes Legato! Berry singt uns direkt ins Ohr; dröhnender Wagner-Sound in your mundschutzgeschütztes Face. Tröpfcheninfektion. Gewollte Durchseuchung!

Bernd Weikl, London Philharmonic Orchestra, Klaus Tennstedt (1987)

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Stockend – gefühlt zu langsam – nehmen Klaus Tennstedt und das London Philharmonic Orchestra (1987) den Beginn. Das sind diese Mahler-Momente, die man braucht: Irgendetwas ist hier falsch! Groß. Die Militärtrommelvorschläge gleißen ganz anders und nicht weniger massiv. Und der 1942 in Wien geborene Bernd Weikl macht etwas Großartiges: Er verwandelt Mahlers Revelge in ein fieses »Wiener Lied«. Man hört den Akzent, man hört die Doppelbödigkeit, den Unwillen, freundlich zu sein. Das »Tralali« geht sich extrem laut aus. Man hat von Anfang an Angst.

Mit dem Satz »Ich muss marschieren bis in Tod!« endet wiederum dieser Formteil und macht sich recht fein (bett)fertig in G-Dur, dem allerdings fast überfall fast jedes Leben – sprich: die Dur-Terz – fehlt, aberkannt wird. Scharfe Dissonanz-Auftakte und dynamische Subito-Traumata, wieder einmal. Verblödetes Trommelgerühr! Hier will jemand nicht mehr! Ihm hängen die Gedärme längst aus dem Körper heraus! Ja, ja, lass ihn nur tanzen. Ihr Gaffer! Die Hörer*innen werden zu schäbigen Zeug*innen eines quälend langen Soldatentods. Mahler foltert die Ohren, er will es wissen. Haha! Hier meine Wut über die Idiotie jedes Krieges! Hier meine Musik zur Katastrophe – ins Individuelle gezoomt. Der vermeintlich »neue« Formteil in G-Dur gibt sich nun ganz gefügig und lässt den Sehnsuchts-Ach-Bruder-Teil in seine Gefilde hinein. Hinan denn! Jetzt bleiben plötzliche Moll-Terzen im Verlaufe dieser tausenden »Tralalis« oben hängen, haben sich aufgehängt. Moll-Terz-Suizid. (Wenn Sie eine Moll-Terz sind und suizidale Gedanken haben, dann holen Sie sich bitte Hilfe). Der vermeintlich verwundete Soldat singt: »Als wär’s mit mir schon vorbei!« Wäre, wäre, Panzerkette.

Geoffrey Parsons musiziert sein rühriges Zwischenspiel ordentlich. Soldatisch gezüchtigt eben. Hampson bleibt höflich – und zieht sich genial nach den Sforzati auf den Takt-Enden zurück, japst kurz nach Luft. Ja! Parsons trillert etwas zu zart. Macht nichts (mit mir).

Lustig, wie Szell seine Orchestertrompeten im G-Dur-Intermezzo immer etwas zu früh kommen lässt. Die Falschheit des ganzen Liedes: mit Risiko ausmusiziert! Hermeneutisch abgeriegelt. Fischer-Dieskau singt noch weicher als Hampson, mit leichter Heulhaltung, die zwischen Weinen und Aufbäumen wechselt. Fantastisch.

Bernstein nimmt die Piano-Schmetterklapperdinger im G-Dur-Teil fast nachdenklich, zögernd, um dann wieder hineinzugrätschen. Doch da wird noch mehr kommen bei Bernstein! Berry singt wagnerisch, die deutsche Sprache exerzierend. Jedes. Wort. Wird. Betont. Ha. Ha. Danke. Schön.

Entenartig erschallen die blöden Knatschtrompeten unter Tennstedt. Sehr richtig falsch! Weikl holt aus. Mit gefletschten Zähnen tralaliert er sich durch die Partitur. Das kaufe ich hiermit. Einschließlich des Messers im Maul von Weikl!

Die Kameraden sind offenbar schon tot. Mit brutalem Triller-Horror ist zu singen: »Die Brüder, dick gesät, die Brüder, dick gesät, sie liegen wie gemäht!« Nun gibt es ein wahres Vorschlagsnoten-Massaker. Wieder nutzt Mahler die jeweils vierten Zählzeiten für fieseste Auftaktereignisse – dieses Mal in absichtlich »falschen Harmonien«. Von einem anfänglichen D-Dur-Feeling sliden wir hinan zu B-Dur, kehren kurz zurück zu d-Moll, müssen auch schnelle, potthässliche übermäßige Akkordmomente ertragen, um uns tatsächlich in es-Moll wiederzufinden.

Man höre sich bitte jede einzelne hier erwähnte Aufnahme an (und filtere bei Bostridge das Orchester irgendwie heraus). Doch zwei Aspekte bleiben ewiglich! Bernstein am Klavier und Problembär Bernd Weikl unter Tennstedt! Was Leonard Bernstein am Klavier anrichtet: Das ist voller falscher Töne! Irgendwann wämmst Lenny mit seiner linken Hand Cluster ins tiefe Steinway-Gebälk. Hier hat einer nicht geübt, sondern sich einen guten Whisky gegönnt. »Komm, Walt, lass uns ins Studio gehen!« Bernstein setzt am Klavier um, was er in seinem Kopf von der Orchesterpartitur her fühlt. Das ist so unsagbar fantastisch, dass jede Beschreibung scheitern muss. Bernstein baut ein neues Instrument, das nicht mehr »Klavier« heißt. Es ist ein Bernstein-Hybrid-Orchester-Emotionsgerät mit 88 geschundenen Tasten. Unfassbar. Unfassbar groß!

Die erwähnten Schleifer verbleiben nun in dem es-Moll-Teil, die Trommel wird geschlagen, auch textlich. Verzweifelt und realitätsmissbilligend heißt es: »Sie schlagen und sie schlagen ihren Feind, Feind, Feind!« Und überhaupt bringt hier Mahler seine unnachahmliche Liedkunststrategie, Wörter zu wiederholen, deutlicher als je zuvor aufs Papier. Nein. Auf eine Steinestafel. Eingeritzt. Eingestanzt mit Hammer und Meißel. Nach weiteren unheimlichen Ereignissen auf Zählzeit »vier« und bei dem hunderttausendsten enervierend (für den Soldaten) zu spätigen »Tralali« schreibt Mahler über drei Fortissimo-Töne nun »geschrieen«. Doch schreien die Interpreten dieses Männerliedes tatsächlich?

Hampson singt den Schrei relativ brav, bleibt dafür gruselig kalt in der hier absichtlich unschön-engen Tonfärbung, zieht den Ton in die Länge – und scheint fast aus dem Raum gehend zu verschwinden. Beeindruckend, aber eben kein Schrei!

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Fischer-Dieskau erweist sich hier als zu schallplattendeutsch. Er weiß um den Schrei, um den Wunsch Mahlers, das merkt man. Aber es bleibt halt nur ein Überzeugungsbrustton – mit einem leichten Abriss am Ende der Phrase. Kein Schrei! Setzen!

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Bostridge, der doch sonst selbst bei Schubert brüllaffig-tenoral ausbricht, ist auch hier ziemlich schief gewickelt. Er drückt den vermeintlichen Schrei heraus, doch orientiert sich viel zu sehr an den zum Schein notierten Tönen. Am Ende versucht er, Mahlers Anweisung durch leichtes intonarisches Ausbrechen zu entsprechen. Doch vergebens.

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Berry übergeht Mahlers Schreiwunsch am krassesten, trotz des überkrassen Bernsteins am Flügel. Ein wenig lässt Berry seine Stimme abreißen. Hatte Berry vielleicht eine Notenausgabe ohne die erwähnte Anweisung »geschrieen«? (Vor zehn Jahren einmal schrieb ich für die Berliner Zeitung eine Konzertkritik. Ein berühmter Sänger sang einige Wunderhorn-Lieder mit der Staatskapelle Berlin unter Michael Gielen. Kein Schrei in der Revelge! Das musste ich erwähnen. Und bekam von dem Sänger nach Veröffentlichung der Kritik eine lange Mail. Er habe ja schließlich noch Wo die schönen Trompeten blasen nach der Revelge singen müssen, da wollte er einen vorherigen Schrei nicht riskieren. Tja. Dann halt die Revelge zum Schluss singen! Keine Antwort auf meine Antwort.)

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Und nun, nun kommt es zum krassesten Moment aller bestehenden Kunstlied-Aufnahmen aller Zeiten. Denn wie Bernd Weikl tatsächlich bölkt, schreit – und einfach so tierisch sauer ist: Das jagt mir jedes Mal einen Schauer über das welkende Hautfleisch. Das mag ich gar nicht zu oft hören. Das muss ich aufsparen wie einen guten Schottischen, der über 60 Euronen pro Flasche kostet.

»Dröhnender Wagner-Sound in your mundschutzgeschütztes Face. Tröpfcheninfektion. Gewollte Durchseuchung!« Arno Lücker vergleicht fünf Einspielungen von Revelge, Mahlers brutalstem Werk, in @vanmusik.

Drum machen wir es kurz: Am Ende wird »des Morgens« nicht mehr bescheuert marschiert, sondern: »Des Morgens stehen da die Gebeine«, aber natürlich nicht »einfach so«, sondern »in Reih‘ und Glied, sie steh’n wie Leichensteine!«, wie es sich für einen ausgeweideten Kriegstoten gehört. Die Gedärme konnten leider nicht mehr gespendet werden. Sie wurden mit dem Rest der sterblichen Überreste am Wegesrand verscharrt. Die anderen marschieren weiter. Tschüss. ¶

... ist Konzertveranstalter, Moderator, Komponist und Pianist. Er gestaltet innovative Konzertformate, arbeitet als Musik-Satiriker, schreibt Stücke für Solist:innen und Ensembles und Texte für VAN, die Wiener Philharmoniker, die New York Philharmonics und die Bamberger Symphoniker. 2019 war er als Schauspieler an der Volksbühne zu erleben.

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